Mülheim stellt sich für die Zukunft auf
In sechs Jahren feiert der Bezirk Mülheim a.d. Ruhr 100-jähriges Jubiläum. Wie die Gliederung bis dahin aussehen muss, damit beschäftigen Vorstand und Mitglieder sich seit 2016. Im November wurde mit den Neuwahlen ein Schritt im Gesamtprozess umgesetzt.
Es ist ein herrlicher Tag im Spätherbst. Die Novembersonne lacht vom Himmel, die Luft ist kalt und klar. Viele Mülheimer DLRG-Mitglieder hatte es an diesem Sonntagmorgen zur Ruhrrettungsstation am Mulhofs Kamp gezogen. Denn heute soll hier eine Ära zu Ende gehen – und eine neue gestartet werden.
Noch-Bezirksleiter Werner Oesterwind begrüßt wie gewohnt die anwesenden Mitglieder, geht auf die Tagesordnung ein und gibt seinen Bericht des abgelaufenen Jahres ab. Schon hier ist spürbar, dass doch nicht alles ist wie immer. Denn Oesterwind wird später bei den Neuwahlen des Vorstands nicht wieder antreten, nach 33 Jahren im Vorstand und 20 davon als Leiter des ortsgruppenähnlichen Mülheimer Bezirks. „Als Einsatzleiter bin ich 1985 hier gestartet", erinnert er sich. „Zwischen 1989 und 1998 war ich dann stellvertretender Bezirksleiter und in dieser Funktion schon für die innerverbandlichen Themen sowie die Vertretung auf Landesverbands- und Bundesebene verantwortlich." Die Wahl zum Bezirksleiter war dann damals folgerichtig. Oesterwind und seine Vorstandskollegen hielten den heute rund 700 Mitglieder zählenden Bezirk auf Kurs und bauten die Komponenten Einsatz und Ausbildung konsequent weiter aus. Er formte die beiden Trupps, die im landesweiten Katastrophenschutz mitwirken und modernisierte den Wasserrettungsdienst am örtlichen Fließgewässer. Dafür stehen an der Ruhrrettungsorganisation zwei Motorrettungsboote, zwei Mehrzweckboote und zwei Kraftfahrzeuge zur Verfügung.
Ein neues Kapitel im Geschichtsbuch des Bezirks Mülheim
Und genau hier schlägt der Bezirk Mülheim an diesem Novembermorgen ein neues Kapitel im eigenen Geschichtsbuch auf. Neben Werner Oesterwind tritt auch seine Frau Elke als Geschäftsführerin nicht mehr an, Ausbildungsleitung und einige Stellvertreterposten müssen ebenfalls neu besetzt werden. Der neue Vorstand wird nacheinander mit großer Zustimmung aus der Versammlung gewählt. Neue Bezirksleiterin ist Frauke Jerabek, als ehemalige Jugendleiterin den Mitglieder als zielstrebige Führungskraft bereits gut bekannt. Als ihr Stellvertreter wurde Claus Kampermann wiedergewählt. Das gilt auch für Petra Buschmann (Schatzmeisterin), Anette Heikamp (stv. Leiterin Ausbildung), René Töller (Leiter Einsatz), Sven Danker (stv. Leiter Einsatz) und Janine Ziesmann (Leiterin Verbandskommunikation). Ihre Stellvertretung war zuvor vakant und konnte mit Natalie Stallmann besetzt werden. Gleiches gilt für die stellvertretende Schatzmeisterin: Birthe Linscheid war auch schon Jugendleiterin im Bezirk – offenbar eine gute Basis für den späteren Einstieg in den Hauptvorstand. Die neue Geschäftsführerin Larissa Noback war 2014 als Bundesfreiwilligendienstleistende zur DLRG nach Mülheim gekommen und von der Arbeit im Verband so überzeugt, dass sie jetzt in eine verantwortliche Position gewählt wurde. In der Ausbildungsleitung wurden gleich zwei Positionen neu besetzt: Katharina Tersteegen über die Leitung Ausbildung von Frank Kreymann, René Spreizer ist neuer zweiter Stellvertreter. Und für Dirk Ternieden rückte Finn Brose als stellvertretender Leiter Einsatz in den Vorstand.
Vorausgegangen war das Projekt „DLRG 2025"
Obwohl die Neuwahlen des Vorstands im Bezirk Mülheim a.d. Ruhr wie ein Neuanfang aussehen, sind sie eigentlich der Abschluss. Der Abschluss eines Projektes, das unter Federführung vom stellvertretenden Bezirksleiter Claus Kampermann bereits Anfang 2016 begonnen worden und für ein Jahr veranschlagt war. „Vor dem Hintergrund, dass unser Bezirk bald 100 Jahre alt wird, haben wir uns damals mit der Frage ‚DLRG 2025' beschäftigt", erklärt Kampermann. Dazu nutzten die Mülheimer die Prozessberatung, die vom Landesverband Nordrhein und dem Landessportbund (LSB) NRW angeboten wird. Professionell begleitet von Dietmar Winter, damals noch Bildungsreferent im LV, und Rainer Schwitanski vom LSB begab sich die Projektgruppe in einem ersten Schritt gedanklich in das Jahr 2025 und fragten sich, was in 2016 hätte getan werden müssen, damit der Bezirk sein Jubiläumsjahr auch tatsächlich erreicht. „Ausgangspunkt war tatsächlich die Notwendigkeit der Neubesetzungen im Vorstand. Wir wollten diese Veränderung nicht einfach so geschehen lassen, sondern mit konkreten Zielen und Maßnahmen in die Zukunft gehen. Zu dem Zeitpunkt waren die jetzt neu gewählten Personen noch gar nicht absehbar." Die fanden sich tatsächlich erst im Laufe des Prozesses, in dem sie selbst das Potenzial des Bezirks für sich erkannten und die Verantwortung für den Weg in die Zukunft auch übernehmen wollten.
Zukunftspotenziale erarbeiten
Neben der Vorstandsneubesetzung war die Schaffung einer hauptamtlichen Stelle für den Bezirk ein wesentlicher Baustein des Projektes. „Der Kümmerer" heißt Cem Erfurt und ist seit dem 1. Juni vergangenen Jahres als geringfügig Beschäftigter beim Bezirk angestellt. „Die Finanzierung ist durch Unterstützung aus LV-Fördermitteln zunächst mal für ein Jahr gesichert. Danach soll sich die Stelle selbst finanzieren", sagt Claus Kampermann. Das macht schon deutlich, dass es sich beim „Kümmerer" nicht um eine Bürokraft für Verwaltungsarbeit handelt. Cem Erfurt soll nachhaltige Zukunftspotenziale für den Bezirk erarbeiten, beispielsweise neue Konzepte für ein Kurssystem entwickeln und dabei verschiedene Zielgruppen wie das der Ruhrrettungsstation nahe gelegen Seniorenheim ins Auge fassen. Dafür bringt Cem Erfurt offenbar gute Voraussetzungen mit: Er ist Krankenpfleger in Teilzeit und studiert Sportmanagement. DLRG-Hintergrund hatte er vorher nicht, aber „er brennt für die Aufgabe und geht sie voller Elan an", wie Kampermann feststellt.
Eine Woche nach den Neuwahlen kam der neue Vorstand zur konstituierenden Klausurtagung zusammen und zog damit einen Strich unter das Projekt „DLRG 2015". Das Ende des Prozesses ist es freilich nicht: Die Arbeitspakete gingen damit in das Tagesgeschäft über.
Erfahrung mit hauptamtlicher Unterstützung
Der Bezirk Mülheim a.d. Ruhr geht seit Mitte vergangenen Jahres neue Wege mit der Anstellung eines Minijobbers. Aber Erfahrung mit hauptamtlicher Mitarbeit sammelt er schon seit 2012: Junge Leute absolvieren hier seitdem ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder den Bundesfreiwilligendient (Bufdi). Bis zu zwei können jedes Jahr eingesetzt werden, unterstützen Einsatz, Ausbildung und die Verwaltungsarbeit im Büro. „Da in der Rettungsstation unter der Woche sonst niemand anwesend ist, arbeiten unsere Bufdis und FSJler eigenständig", sagt Claus Kampermann. „Sie betreuen im Rahmen ihrer 40-Stunden-Woche auch die Schwimmbadstunden."
Stefan Mülders
Erschienen im Lebensretter Nordrhein, Ausgabe 1/2019.
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