Fach-Abi und Job passen gut zusammen
Die Schlüsselregion und das Berufskolleg Niederberg wollen ein neues Angebot schaffen: Ausbildung und Fachhochschulreife sollen parallel angeboten werden.
VON STEFAN MÜLDERS
NIEDERBERG Als am vergangenen Freitag an der Heiligenhauser Realschule die Abschlussklassen ihre Zeugnisse feierten, war Schulleiterin Sonia Cohen stolz auf die Schüler: „Ihr seid der beste Jahrgang seit mehr als zehn Jahren. Alle haben ihren Abschluss geschafft und ungewöhnlich viele sogar mit Qualifikation." Waren die Realschulabgänger aber vor einigen Jahren noch der Fundus, aus dem die Unternehmen der Region ihre Auszubildenden schöpften, ist das heute anders. „Nur 15 Prozent unserer Schüler machen eine Ausbildung", erklärte Cohen anlässlich der Vorstellung eines neuen Modells in den Räumen der Schlüsselregion. Gemeinsam mit dem Berufskolleg Niederberg (BKN) will der Unternehmenszusammenschluss eine neue Klasse etablieren, die Ausbildung und Fachhochschulreife (FHR) miteinander verbindet und damit für die Betriebe und die jungen Schulabgänger attraktiv ist.
Die meisten Bewerbungen haben eine mangelhafte Qualität
Besagte 15 Prozent seien zwar schon mehr als in der jüngeren Vergangenheit, aber insgesamt immer noch zu wenig. „Wir bekommen kaum Bewerbungen von Realschülern", sagt Anja Tilmann-Unkel, Personalverantwortliche bei der Velberter Firma Beyer & Müller GmbH. „Und die meisten Bewerbungen sind von mangelhafter Qualität." Daher begrüßt sie sehr den Vorstoß der Schlüsselregion, in dem sie große Chancen für den Ausbildungsmarkt sieht. „Klar besteht die Gefahr, dass man seinen Azubi nach drei Jahren ans Studium verliert, aber man hat als Unternehmen ja drei Jahre Zeit, vom Gegenteil zu überzeugen."
Das Konzept ist nicht vollständig neu, wird allerdings in der Region Niederberg bisher nicht angeboten. „Die Verbindung von betrieblicher Ausbildung und Erwerb der Fachhochschulreife ist ein Regelangebot in unserem Bildungssystem und wir richten als Berufskolleg Niederberg sehr gerne eine solche Klasse ein", sagt BKN-Schulleiter Frank Flanze. Allerdings braucht es dafür noch etwas mehr als die bisher elf Betriebe, die Interesse gezeigt haben. „Die Kernregion sind die Städte Heiligenhaus, Velbert und Wülfrath. Aber auch aus anderen Städten können sich Unternehmen melden, hier sind dann Kooperationen mit den anderen berufsbildenden Schulen vorgesehen."
Keine zusätzlichen Kosten für Unternehmen und Auszubildende
Es geht um Ausbildungsberufe in kaufmännischen und gewerblich-technischen Bereichen. „Dadurch, dass es sich um ein staatlich finanziertes Regelangebot handelt, entstehen keine zusätzlichen Kosten." Im Rahmen der Berufsschulausbildung wird ein zusätzlicher Nachmittag für den Erwerb der Fachhochschulreife angeboten, wo Stoff in den Kernfächern Deutsch, Englisch, Mathematik und einer Naturwissenschaft vertieft wird. Damit wird die Lücke zwischen den Lehrinhalten des Berufskollegs und der vollschulischen FHR geschlossen.
„Wir wollten uns mit den Unternehmen der Schlüsselregion des für die ausbildenden Betriebe besorgniserregenden Trends annehmen, dass immer mehr Schüler höhere Bildungsabschlüsse anstreben", erklärt Schlüsselregion-Geschäftsführer Dr. Thorsten Enge. „Auf der Suche nach Lösungen dafür konnte Herr Flanze uns dann erfreulicher Weise mitteilen, dass es bereits ein fertiges Konzept dafür gibt." So kam es zur Kooperation zwischen den Institutionen. Interessierte Unternehmen können sich an die Schlüsselregion (Telefon 02051 607104 oder www.schluesselregion.de) wenden. Im zweiten Schritt wird dann nach den mindestens 16 Jugendlichen gesucht, die den Ausbildungsweg gehen wollen. „Schon nach den Sommerferien könnten Betriebe mit dem neuen Ausbildungskonzept für sich Werbung machen", verspricht Enge.
Elf Unternehmen wollen schon mitmachen
Heiligenhaus Dietrich Lüttgens, Horstmann & Schwarz
Velbert AS Glas- und Gebäudereinigungsservice, Beyer & Müller, Huf Hülsbeck & Fürst, KFV Karl Fliether, Mühlhause, Schulte-Schlagbaum, Stadtwerke Velbert, Wilka Schließtechnik, Witte Automotive
Mitmachen Das Projekt ist offen für alle Unternehmen in der Region.
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