VON STEFAN MÜLDERS
NIEDERBERG Wer in Deutschland schwanger ist, kann sich glücklich schätzen. „In kaum einem anderen Land der Welt ist die Versorgungssicherheit für Schwangere so hoch wie bei uns“, sagt Dr. Gerd Degoutrie, Chefarzt der Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Helios Klinikum Niederberg in Velbert und Experte für pränatale Diagnostik, also die verschiedenen modernen Untersuchungen während einer Schwangerschaft.
Die vielfältigen medizinischen Möglichkeiten haben vor allem das Ziel, „dass nach 40 Wochen ein gesundes Kind zur Welt kommt oder mit entsprechenden Maßnahmen auf Unregelmäßigkeiten reagieren werden kann“. Dazu gibt es allgemeine Vorsorgeunterschungen und (mindestens) drei vorgesehene Ultraschall-Screenings. Diese liegen zirka in der elften, 20. und 30. Schwangerschaftswoche. „Zwischen der elften und 14. Woche werden Genetik und Organanlagen überprüft, um die 20. Woche herum findet die sogenannte Feindiagnostik statt, es werden beispielsweise Finger und Zehen gezählt sowie der Kopfumfang gemessen“, erklärt Degoutrie. „Ungefähr in der 30. Schwangerschaftswoche wird insbesondere die Größe des Kindes und seine Lage im Mutterleib kontrolliert.“
Viele Eltern wollen ganz sicher gehen, dass ihr Kind sich gut entwickelt, und entscheiden sich zu weiteren Diagnosen. In der Frühphase einer Schwangerschaft gibt es zum Beispiel Optionen wie die Nackentransparenzmessung (NT-Messung), den nicht invasiven Pränataltest (NIPT, aus mütterlichem Blut werden DNA-Partikel des Kindes separiert), die Chorionzottenbiopsie (Plazentagewebeentnahme) oder die Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung). „In jedem Fall aber sollte sich das Paar die Frage stellen, ob die Untersuchung irgendeine Relevanz für sie hat“, rät Degoutrie. Und meint damit, ob im Falle eines positiven Befundes eine Abtreibung überhaupt in Frage kommt. Oder ob die werdenden Eltern sich bestmöglich auf das Neugeborene vorbereiten wollen. „Für viele Erkrankungen Ungeborener kennt die heutige Medizin gute Möglichkeiten der medikamentösen Behandlung noch im Mutterleib, manchmal auch invasiver Eingriffe. Und die Kinder können unmittelbar nach der Geburt behandelt werden.“ Zwar ist NIPT die für das Kind schonendste Diagnose, die meisten Krankenkassen zahlen aber die Fruchtwasseruntersuchung.
Die pränatale Diagnostik etwa zur 30. Schwangerschaftswoche gibt den Ärzten weiteren Aufschluss über die Entwicklung des Kindes. Ist es zu groß oder zu klein? Liegt bei der Mutter eventuell eine Schwangerschaftsdiabetes vor und gefährdet die Entwicklung des heranwachsenden Menschen? „In der Schwangerschaft muss die Bauchspeicheldrüse der Frau mehr Insulin produzieren, das kann bis zum Doppelten des normalen Bedarfs gehen.“ Wird zu wenig Insulin produziert, wirkt sich das auf das Kind aus und es sind genauere Untersuchungen notwendig.
Der Turnus der Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft könnte vor einem Wandel stehen. Steigern sich die Vorsorgetermine heute noch mit fortschreitender Schwangerschaft, so gehen moderne Ansätze davon aus, dass diese „Pyramide“ auf den Kopf gestellt werden sollte. „In den ersten Wochen lassen sich noch die besten individuellen Erkenntnisse für Mutter und Kind gewinnen“, erklärt Degoutrie. Daher wollen einige Mediziner kürzere Vorsorgerhythmen zu Beginn einer Schwangerschaft. Nur bei Verdacht auf Erkrankungen oder Fehlbildungen wären die Vorsorgetermine danach zu intensivieren.
Medizinforum zur Pränataldiagnostik
Am Dienstag, 15. Mai, erklärt Dr. Gerd Degoutrie ab 18 Uhr im Medizinforum am Helios Klinikum Niederberg alles rund um das Thema Pränataldiagnostik. Im Anschluss an den Vortrag ist ausreichend Zeit für persönliche Fragen und den direkten Austausch mit dem Chefarzt. Eine Anmeldung zur kostenfreien Veranstaltung im Sitzungszimmer II ist nicht erforderlich.
Autor: Muelders -- 15.05.2018; 08:34:37 Uhr
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