VON STEFAN MÜLDERS
Heiligenhaus. Das Unheil sei schon länger absehbar gewesen. Mit der neuen Unterkunft haben sich die Flüchtlinge arrangiert.
Mit großer Betroffenheit reagierte die SPD-Fraktion auf die Umstände der Räumung des Asylbewerberheims am Montag vergangener Woche. "Provokationen und Störungen durch auswärtige Agitatoren sind nicht hinnehmbar", heißt es in einer Mitteilung. "Ebenso deutlich muss man allerdings die Informationspolitik der Stadtverwaltung kritisieren: Weder die Bewohner des Heims noch die Anwohner rund um das Ausweichquartier Pestalozzischule wurden rechtzeitig und ausreichend über die geplanten Maßnahmen informiert." Die Entscheidung, Hab und Gut der umzusetzenden Menschen mit einem "Dreck weg-Mobil" transportieren zu lassen, zeuge zudem von einer erschreckend geringen Sensibilität für die Symbolkraft eines solchen Vorgangs.
Die Probleme der Container seien schon länger bekannt und der angegebene Anlass der Räumung nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte. "Jenseits mutwilliger Eingriffe in die Statik der Container waren diese bereits seit vielen Jahren in einem katastrophalen Zustand und ein Schandfleck im Stadtbild." Doch nur wenige Bürger hätten sich bisher für diese "von der Ratsmehrheit bewusst abgeschobene und zwischen Mülldeponie und Friedhof versteckte" Anlage interessiert. "Teile der Anlage waren bereits aus hygienischen und anderen Gründen gesperrt worden, wurden aber offensichtlich später wieder belegt. Die Missstände waren in 2008 bereits Anlass für die Verwaltung, nach einer Alternativlösung zu suchen." Damals sei ein örtlicher Architekt beauftragt worden, den Sanierungsbedarf der Container zu ermitteln. Das Ergebnis sei laut SPD damals im Sozialausschuss vorgelegt worden: "Mit einem wärmegedämmten Neubau ließen sich die sechsstelligen Energiekosten halbieren. Allein damit wären Zins und Tilgung für einen kreditfinanzierten Neubau darzustellen gewesen." Doch die teure Studie sei in der Schublade verschwunden. Bezweifelt wird, dass der Containerverfall seit 2008 nicht bemerkt wurde. "Jetzt die maroden Container durch neue zu ersetzen, wie es sich der Bürgermeister vorstellt, ist aus Sicht der SPD zu kurz gesprungen." Man solle sich an anderen Kommunen ein Beispiel nehmen. "In Leverkusen werden Flüchtlinge seit Jahren in normalen Mietwohnungen untergebracht. Durch einen weitgehenden Verzicht auf kostenintensive Heimunterbringungen konnte dort viel Geld gespart werden. Allein aus diesem Grund sollte die am finanziellen Abgrund stehende Stadt Heiligenhaus eine solche Alternative intensiv prüfen."
In der vergangenen Woche sind die Flüchtlinge aus den Containern an der Friedhofsstraße in die Ludgerusstraße umgezogen. Sozialamtsleiter Jörg Saborni hat sich selbst ein Bild von der neuen Unterbringung gemacht und ist trotz für die Betroffenen nicht einfacher Bedingungen zufrieden. "Die Menschen müssen auf einen Teil ihrer Privatsphäre verzichten, weil sie gemeinschaftlich in ehemaligen Klassenräumen untergebracht sind. Aber sie haben sich arrangiert und kommen untereinander gut zurecht." Die Lage für die rund 60 untergebrachten Flüchtlinge sei ruhig und entspannt. Ein Sozialarbeiter ist täglich vor Ort, um die Bedarfslage zu erkennen und zu bearbeiten.
Sondersitzungen
Flüchtlinge beschäftigen die politischen Gremien
Für den 8. August ist eine Sondersitzung des Sozialausschusses anberaumt. Sie soll sich auf Antrag der SPD mit der Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt beschäftigen. Nach dem aus dem Ruder gelaufenen Umzug der Flüchtlinge an die Ludgerusstraße will die CDU nun zusätzlich eine Sondersitzung des Hauptausschusses. Das Gremium soll sich mit Bau und Finanzierung einer neuen Lösung beschäftigen.
Autor: Muelders -- 02.11.2018; 18:49:13 Uhr
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