Kreis Mettmann. Auf Einladung der Kreisbauernschaft sprachen Politiker über Vorschriften, die Landwirte in ihrer Arbeit behindern.
Von Stefan Mülders
Es ist wieder Wahlkampfzeit. Ein Zeichen dafür ist unter anderem, dass sich Politiker allerorten gerne zu Veranstaltungen einladen lassen, auf denen sie einem mehr oder weniger großen Auditorium ihre Meinungen mitteilen und Gegenkandidaten kritisieren können. Für die Europawahl geht die Mission allerdings noch darüber hinaus: Es muss mächtig die Werbetrommel gerührt werden, damit deutsche Bundesbürger ihr Wahlrecht überhaupt wahrnehmen.
"Glaubt man dem ZDF-Politbarometer, so interessieren sich gerade mal 27 Prozent der Deutschen für Europa und die Wahlen zum europäischen Parlament", sagte Stefan Sallen, der als Moderator durch die von der Kreisbauernschaft Mettmann im Rheinischen Landwirtschafts-Verband organisierten Podiumsdiskussion führte. Zu Gast waren mit Herbert Reul (CDU, Leichlingen) und Britta Reimers (FDP, Itzehoe) zwei aktuelle und wieder kandidierende Mitglieder des europäischen Parlaments, außerdem mit Stefan Volpert (Bündnis 90/Die Grünen, Lennestadt) ein Kandidat zur Europawahl und Willi Brase (SPD, Siegen) ein aktuelles Mitglied des Bundestages.
Vor über 60 Landwirten (überwiegend aus der Region) diskutierten die vier in der Veranstaltungsscheune des Ratinger Coneshofes vor allem über die europäische Agrarreform. Die ist zwar parlamentarisch längst beschlossene Sache und damit auch rechtlich bindend, wird aber aktuell erneut diskutiert, weil die zuständige Kommission doch eigene Ideen hat und hatte, sich nicht an das parlamentarische Ergebnis hält. Herbert Reul machte stellvertretend für seine Fraktion deutlich: "Es reicht. Wir wollen keine weiteren Vorschriften mehr. In der Demokratie gehört es auch dazu, mal nein zu sagen."
Seine Kollegin Britta Reimers pflichtete ihm bei: "Die Agrarreform ist zu einem Bürokratie-Monster geworden, das wir stoppen müssen." An dem Punkt waren sich alle einig: Bürokratie müsse verringert werden, aber insgesamt sei Europa ein erfolgreiches Projekt. Willi Brase forderte: "Mit Bürokratieabbau darf man keine Bürokraten beauftragen." Zwar seien Natur und Umwelt ein besonderes Gut, das aber keinesfalls eine Überregulierung rechtfertige. Stefan Volpert nutzte als Biobauer aus dem Sauerland die Chance, einen Paradigmenwechsel zu fordern. "Wir brauchen keine Überproduktion und keine Exportorientierung in der Landwirtschaft. Wir müssen uns auf biologische Landwirtschaft und regionale Märkte konzentrieren."
Sehr kontrovers wurde die Energiepolitik diskutiert. Reul und Brase fanden die energiepolitischen Entscheidungen in Deutschland zu schnell geschossen, zu wenig überlegt. Mit einer langsameren Herangehensweise sei ein sinnvoller und wirtschaftlicher Aufbau möglich gewesen, jetzt aber hätten alle unter extrem hohen Kosten zu leiden. Volpert sah das aufgrund seiner grundpolitischen Ausrichtung selbstverständlich anders. Abschließend wollte Moderator Stefan Sallen wissen, ob die Finanz- und Wirtschaftskrise überstanden sei. Weitgehende Einigkeit herrschte darüber, dass der Weg noch nicht zu Ende ist, die eingeschlagenen Richtungen aber ihre Berechtigung hätten. Erste Staaten haben den Rettungsschirm wieder verlassen, auch Griechenland sei auf einem guten Weg. "Langfristig den Wohlstand zu sichern, kann nur eine gesamteuropäische Aufgabe sein. Ein kleines Land alleine kann das nicht nachhaltig schaffen", so Reul.
Die Wahlen zum europäischen Parlament finden gleichzeitig mit den Kommunalwahlen am 25. Mai statt. Die kürzlich vom Verfassungsgericht gekippte Drei-Prozent-Hürde wird von allen Teilnehmern der Podiumsdiskussion als problematisch gesehen. Noch mehr Splittergruppen würden die Entscheidungswege weiter verzögern.
Autor: Muelders -- 02.11.2018; 21:13:18 Uhr
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