VON STEFAN MÜLDERS
Heiligenhaus. Für Seniorenheime bedeutet das Fehlen einer Praxis in der Stadt organisatorischen Mehraufwand. Es gibt keine günstigen Räume.
Seit rund zwei Jahren fehlt in Heiligenhaus eine Augenarztpraxis. Der Langenfelder Arzt Karl-Michael Schmid möchte die Möglichkeit nutzen, eine Zweitpraxis zu eröffnen. Bisher scheiterte das Vorhaben an den Kosten. "In diesem Jahr haben wir pro Quartal und Patient zwölf bis 14 Euro bekommen. Vor drei Jahren waren es noch 21", sagt der Mediziner.
Ob er für ein Engagement in Heiligenhaus ein höheres Budget erhält, also mehr Patienten behandeln darf, ist unklar. Nach Aussage von Karin Hamacher, Pressereferentin der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, hängt das auch davon ab, wie das Praxismodell genau aussieht. "Ich kann mir eine Praxis mit 1 000 Euro Miete pro Monat nicht leisten, wenn ich nicht weiß, was hinterher rauskommt", sagt Schmid. Doch günstige Räume wurden nicht gefunden. Für 2013 will er noch nicht aufgeben, einen weiteren Versuch unternehmen: Sich tageweise in eine bestehende Arztpraxis einmieten.
Für Seniorenheime, die eine Hauptklientel dieser Medizinsparte betreuen, ist der Transport in eine andere Stadt mit großem Aufwand verbunden. Zumindest dann, wenn der Senior nicht mehr in der Lage ist, selbst mit dem Taxi zu fahren. Bei Pflegestufe zwei oder drei ist bei den Kranken- und Pflegekassen ein Transportschein zu beantragen – zumeist für jede einzelne Fahrt. Im anderen Fall beschränkt sich der Aufwand auf das Bestellen eines Taxis.
"Bei uns kommt ein Transport zum Augenarzt etwa drei- bis viermal im Monat vor", sagt Claudia Steinhauer, die als Pflegedienstleiterin im Caritas-Seniorenzentrum St. Josef für 87 Bewohner verantwortlich ist. "Vor kurzem hatten wir eine Dame, die musste aufgrund einer akuten Erkrankung ein halbes Jahr lang einmal wöchentlich zum Augenarzt nach Ratingen." Der Aufwand sei jedes Mal sehr hoch für das Haus und nur eine der Krankenkassen genehmige hin und wieder auch pauschale Transportscheine für einen überschaubaren Zeitraum.
"Aufwändige Transporte zum Arzt betreffen bei uns etwa 80 Prozent der Bewohner", sagt Thorsten Eichelhardt, Pflegedienstleiter im Domizil am Südring. Nur ein Fünftel der 63 Bewohner wäre demnach in der Lage, selbst mit einem Taxi zum Arzt zu fahren. Für alle anderen ist der komplizierte Antragsweg zu beschreiten. Genaue Zahlen konnte er aber nicht nennen. "Das variiert natürlich sehr stark. Es gibt Monate ohne Transport und dann welche mit besonders vielen."
Heimleiterin Irmelies Klein vom Seniorenheim der Bergischen Diakonie sieht das Problem weniger auf der Seite des Patiententransports: "Den Aufwand hätten wir bei den meisten Bewohnern auch, wenn der Arzt in der Stadt ist." Für sie liegt der Mehraufwand da, wo der Bewohner keinen Arzt konsultieren muss, nur ein Rezept benötigt. "Da liegt die Praxis innerhalb der Stadt schnell mal auf dem Weg. Weiter entfernt ist es eben ein höherer organisatorischer Aufwand." Das trifft dann auch nicht nur auf die bis zu 80 Bewohner der stationären Pflege zu, sondern auch auf 12 Seniorenwohnungen und die Gäste der Tagespflege, die alle im Gebäude an der Schulstraße untergebracht sind.
Augenärztliche Versorgung im Kreis
Im Kreis Mettmann existieren zurzeit 27 Augenarzt-Sitze, die auf vier angestellte Ärzte und 23 Praxen verteilt sind. Der Heiligenhauser Sitz wurde an eine Ratinger Praxis veräußert, die sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen vor fast zwei Jahren aus der Stadt zurückzog.
Ob ein neuer Arzt wie Karl-Michael Schmid wieder Fuß fassen wird, hängt auch davon ab, wie viele Patienten zu ihm kommen.
Eine Vollzeit-Augenarztpraxis versorgt im Durchschnitt 1200 Patienten pro Quartal. Pro Patient beträgt die Regelvergütung derzeit 14 Euro.
Autor: Muelders -- 31.03.2013; 21:52:40 Uhr
Dieser Artikel wurde bereits 3286 mal angesehen.