Nach Jahren starker Rückläufe bei Zwangsversteigerungsterminen verlangsamte sich der Abwärtstrend im ersten Halbjahr.
VON STEFAN MÜLDERS
KREIS METTMANN Immer noch verhindert die anhaltende Niedrigzinsphase im Euroraum, dass wieder mehr Zwangsversteigerungsverfahren in den Gerichtssälen landen. Allerdings ist der Rückgang innerhalb des ersten halben Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nicht mehr ganz so stark. „Die Gesamtverkehrswerte der versteigerten Objekte sind nach Rückgängen in 2016 um 21 Prozent und 2017 um 15,5 Prozent jetzt nur noch um 7,4 Prozent gefallen“, sagt Axel Mohr, Geschäftsführer der in Ratingen ansässigen Argetra GmbH. „Dies liegt unter anderem daran, dass die durchschnittlichen Verkehrswerte um elf Prozent zugelegt haben. Neue Zinsvereinbarungen auf höherem Zinsniveau lassen mehr Zwangsversteigerungen erwarten.“
Insgesamt wurden deutschlandweit11.836 Immobilien mit Verkehrswerten von 2,107 Milliarden Euro aufgerufen. Allerdings landet nur rund die Hälfte der eröffneten Verfahren auch im Gerichtssaal. Angesichts der allgemeinen Marktlage lasse sich viele Objekte bereits vorher frei verkaufen. Die Argetra ermittelt regelmäßig durch Auswertung von fast 500 Amtsgerichten dieses Zahlenmaterial. Wohnimmobilien waren auch im ersten Halbjahr 2018 die am häufigsten versteigerte Immobilienart. Ein- und Zweifamilienhäuser (43,6 Prozent) und Eigentumswohnungen (24,4 Prozent) machen zusammen mehr als zwei Drittel aller Zwangsversteigerungsobjekte aus. „Teilversteigerungsverfahren, also Versteigerungen zwecks Auflösung der Eigentümergemeinschaft aus Ehe oder Erbe, nehmen prozentual stark zu“, erklärt Mohr weiter. 17 Prozent der Termine wurden aus diesem Grunde aufgerufen (Vorjahr 13 Prozent).
Nordrhein-Westfalen hat als bevölkerungsreichstes Land mit 25 Prozent Anteil am Gesamtmarkt nach wie vor eine Art Marktführerrolle bei den Zwangsversteigerungen inne. Im Kreis Mettmann verzeichneten drei der vier Amtsgerichte Rückgänge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Einzig Mettmann steigerte die Zahl von elf auf 20 (+ 81,82 Prozent) und die Summe der Verkehrswerte von 2,06 Millionen Euro auf 4,28 Millionen Euro (+ 107,1 Prozent). In Langenfeld gingen die Termine von 22 auf acht zurück, die Verkehrswerte sanken um mehr als die Hälfte auf rund 2,41 Millionen Euro. Ähnlich sieht der Termin-Rückgang in Ratingen aus, acht Termine stehen 19 aus dem Vorjahr gegenüber. Die Verkehrswerte hingegen stiegen hier von 3,88 Millionen auf 5,25 Millionen Euro. Velbert verzeichnet die meisten Zwangsversteigerungstermine und kommt im ersten Halbjahr 2018 auf 23 (Vorjahr: 29). Die Verkehrswerte sanken um über 30 Prozent auf 3,19 Millionen Euro.
Axel Mohr blickt aber weiter positiv auf den Markt für Zwangsversteigerungen. „Das heutige Zinsumfeld ist dafür prädestiniert, um in Immobilien zu investieren. Weil auf dem normalen Markt kaum noch bezahlbare Objekte zu finden sind, werden Zwangsversteigerungen vermehrt nachgefragt.“ Die Verkehrswertfestsetzungen lägen dabei in der Regel immer unter den regulären Marktwerten und versprächen daher gute Renditechancen. Mohr beschreibt aber durchaus auch die Risiken der aktuellen Baufinanzierung: „Seit 2017 warnt die Bundesbank vor zu hohen Beleihungen im Bereich der Baufinanzierung. Durch später steigende Zinsen werden die Immobilienpreise fallen, was bei einer Weiterfinanzierung zu hohen Zinsaufschlägen führt. Wer das dann nicht zahlen kann, geht in die Abwicklung.“
Im Kreis Mettmann verzeichneten die vier Amtsgerichtsstandorte ebenfalls Rückgänge. Nachdem Langenfeld zuletzt einen starken Rückgang der Termine verzeichnen musste, hielten sich die Termine jetzt konstant auf 30. Dafür sank die Summe der Verkehrswert um 3,73 Prozent auf jetzt 5.994.800 Euro. In Ratingen stieg die Anzahl der Termine um drei auf jetzt 27, die Verkehrswerte stiegen um 43 Prozent auf 9.829.891 Euro. Für die beiden übrigen Standorte sind Rückgänge der Termine festzustellen: In Mettmann fanden 27 (Vorjahr 31) Verfahren statt, die Verkehrswerte stiegen um fast 48 Prozent auf 7.418.225 Euro. In Velbert gingen sowohl die die anberaumten Termine wie auch die Verkehrswerte zurück. Statt 67 Verfahren in 2016 fanden nur noch 58 statt, die Summe sank um zwölf Prozent auf 13.584.893 Euro. Dennoch ist die Stadt im Nordosten des Kreisgebietes damit Spitzenreiter im Kreis Mettmann. Kreisweit betrachtet sank die Zahl der Termine um zehn auf 142. Die Verkehrswerte stiegen von 33,58 Millionen auf 36,83 Millionen Euro.
Der Verlag Argetra gibt monatlich deutschlandweit regional sortierte Kalender heraus, in denen die Zwangsversteigerungstermine der jeweiligen Regionalausgabe aufgeführt sind. In eigenen Analysen beobachtet der Verlag die Branche und ist damit in der Lage, eigene Prognosen zu erstellen. „Wir werten jedes Jahr tausende von Gutachten aus und können so die Verkehrswerte für zukünftige Versteigerungen einschätzen und steigende oder fallende Werte prognostizieren“, sagt Axel Mohr. Die Immobilienzwangsversteigerungstermine werden nicht nur im gedruckten Katalog, sondern auch in einer umfangreichen Online-Datenbank veröffentlicht, für die sich Immobilieninteressierte freischalten lassen können.
Der Kalender von Argetra
Neben den monatlichen regionalen Versteigerungskalendern, deutschlandweiten Sonderausgaben beispielsweise für Hotel und Gastronomie, Studentenwohnungen, Denkmalschutzobjekte oder Land- und Forstwirtschaft sowie den Online-Datenbanken folgt Argetra dem aktuellen Trend und bietet ein gesondertes Produkt für Teilungsversteigerungen an. Die Auflösung von Eigentümergemeinschaften hat zuletzt prozentual stark zugelegt.
Autor: Muelders -- 16.08.2018; 21:32:09 Uhr
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