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121008 Was tun gegen Demenz?

 

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Ratingen. Montags-Interview Thaddäus Mohr ist Facharzt für Psychiatrie am Fliedner-Krankenhaus. Seit 20 Jahren beschäftigt er sich mit Demenz. In der Ratinger Demenzinitiative ist er medizinischer Berater.
Demenz rückt als Krankheit immer weiter in den Fokus der Gesellschaft. Schon heute leiden 60 bis 70 Prozent der Bewohner in Seniorenheimen an demenziellen Veränderungen, Tendenz steigend. Thaddäus Mohr erklärt im Gespräch mit der Rheinischen Post die Grundzüge der Krankheit.

Herr Mohr, Demenz ist heutzutage vielen Menschen ein Begriff. Trotzdem ist die Unsicherheit im Umgang damit immer noch groß. Können Sie die Krankheit erklären?
Mohr Demenz ist der Oberbegriff für eine Erkrankung, die chronisch verläuft. Hirnsubstanz und geistige Funktionen gehen kontinuierlich verloren. Die Auswirkungen beginnen mit Vergesslichkeit und steigern sich mit zunehmendem Krankheitsfortschritt. Es gibt langsam schleichende Prozesse, aber auch Formen, deren Verschlechterung stufenweise verläuft.

Häufig wird Demenz gleichbedeutend mit Alzheimer verstanden. Wo liegt der Unterschied?
Mohr Alzheimerdemenz ist nur eine von mehreren Formen, die unter dem Oberbegriff zusammengefasst werden. Gleichwohl ist sie die häufigste Form, an der zwischen 60 und 70 Prozent der Erkrankten leiden. Sie beginnt mit Vergesslichkeit und schreitet schleichend fort. Dann gibt es die sogenannte vaskuläre Demenz, die von Durchblutungsstörungen hervorgerufen wird. Von dieser landläufig auch als Verkalkung bezeichneten Form sind 15 bis 20 Prozent betroffen. Zudem kennen wir zahlreiche seltenere Formen wie die frontopolare Demenz, die sich durch auffälliges Sozialverhalten äußert. Wie bei Alzheimer ist der Verlauf hier schleichend. Die Unterschiede der Erkrankungen bestehen überwiegend darin, dass jeweils andere Gehirnregionen zuerst betroffen sind.

Wie sieht es mit Parkinson aus?
Mohr Auch diese Erkrankung wird doch häufig zu Demenz hinzugezählt. Das ist so nicht richtig. Parkinson selbst, die sogenannte Schüttellähmung, ist keine demenzielle Veränderung, sondern ein lokal begrenzter Abbau von für die Motorik zuständigen Nervenzellen. Sehr wohl aber kann sich die Krankheit, muss aber nicht, auch auf andere Hirnregionen ausweiten und damit zu einer Demenzerkrankung werden.

Zurück zur Demenz: Gibt es frühe Anzeichen, die Angehörige erkennen können?
Mohr Oftmals sind es zunächst die Patienten selbst, die Veränderungen an sich bemerken. Dinge, die früher alltäglich waren, funktionieren plötzlich nicht mehr problemlos. Stresssituationen werden schwerer verarbeitet, Erholungszeiten zum Beispiel nach Operationen dauern länger als üblich. Die Vergesslichkeit wird natürlich auch bemerkt. Wobei es hier auf die Häufung und Zunahme der Defizite ankommt. Mal etwas vergessen oder nicht mehr wissen, wo man denn nun den Schlüssel hingelegt hat, das kennen wir doch alle.

Ist Demenz abhängig von einem bestimmten Alter?
Mohr Eine Altersgrenze kennen wir nicht, aber mit zunehmendem Alter steigt das Risiko. Die meisten Alzheimer-Erkrankten sind 70 Jahre und älter. Gerade die frühe Verlaufsform der Alzheimerdemenz wird oftmals auch vererbt. Die frontopolare Demenz tritt allerdings früher auf, oft schon bei Patienten um die 50 Jahre.

Gibt es bezogen auf das Erbrisiko schon Therapieansätze?
Mohr Die Forschung sucht zurzeit nach Markern im Blut, um zunächst mal eine frühe Diagnostik zu ermöglichen.

Gibt es denn Möglichkeiten, einer Demenz vorzubeugen?
Mohr Gerade für erblich vorbelastete Menschen wäre das sicher wichtig. Allgemein ist ein gesunder Lebensstil immer hilfreich. Was ich dem Herz und dem Kreislauf Gutes tue, das hilft auch meinem Gehirn. Also gesunde, ausgewogene Ernährung und Sport treiben. Wenn die Anforderungen an das Gehirn, zum Beispiel durch das Ende der Berufstätigkeit, nachlässt, sollte man sich geistig anstrengen und aktiv bleiben. Da können schon anspruchsvolle Kreuzworträtsel ausreichen, aber auch Fortbildungen und die Pflege sozialer Kontakte sind sehr zu empfehlen. Am besten ist es, gar nicht erst inaktiv zu sein. Demenz beginnt nicht erst mit den Symptomen, sondern schon 20 bis 30 Jahre vorher. Dann schon sind für die Alzheimerdemenz typische Eiweiße nachweisbar. Diese Veränderungen bleiben für Jahrzehnte "stumm" und beeinträchtigen die geistige Tätigkeit erst, wenn ein bestimmtes Maß überschritten ist. Im Übergangsstadium zwischen "normaler" geistiger Tätigkeit und leichter Demenz kann es dazu kommen, dass Betroffene an manchen Tagen normal wirken, an anderen aber auch schon verwirrt.

Welchen Rat geben Sie Menschen, die glauben, betroffen zu sein?
Mohr Sie sollten sich auf jeden Fall frühzeitig an Ärzte und Beratungsstellen wenden. Je früher Demenz erkannt wird, desto besser klappt die Therapie. Demenz ist nicht heilbar, aber der Verlauf kann stark verlangsamt werden. So kann der Patient länger in der häuslichen Umgebung bleiben und seine Lebensqualität erhöht werden. Auch das Internet bietet übrigens viele Informationen zum Thema.

 

Stefan Mülders führte das Gespräch.

 

Beratung und Hilfe
Die Ratinger Demenzinitiative ist im Netz unter www.ratindemenz.de zu finden. Sprechzeiten im Büro in der Wallpassage sind montags von 15.30 bis 17 Uhr und donnerstags von 10.30 bis 12.30 Uhr, außerdem zweimal monatlich samstags. Eine Terminabsprache unter Telefon 303381 ist wünschenswert. Informationen bietet auch die Deutsche Alzheimer Gesellschaft mit ihren Internetangeboten www.deutsche-alzheimer.de und www.alzheimer-nrw.de sowie der Telefonhotline unter 030 2593795-14. Die Landesinitiative Demenz-Service NRW listet auf ihrer Internetseite www.demenz-service-nrw.de die Hilfsangebote im gesamten Bundesland auf.



Autor: Muelders -- 09.12.2012; 21:30:09 Uhr

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