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VON STEFAN MÜLDERS
Kreis Mettmann (RP). Die IHK Düsseldorf hatte zum ersten Azubi-Speed-Dating für den Kreis Mettmann ins Forum Niederberg nach Velbert eingeladen. Unternehmen und Bewerber können sich kurz beschnuppern und entscheiden, ob es zu weiteren Kontakten kommen wird.
Tom Breuer sucht schon zum zweiten Mal einen Ausbildungsplatz. Im vergangenen Jahr hat es nicht geklappt mit einer Lehrstelle, er hält sich mit einem Nebenjob in der Systemgastronomie bei Laune. In den kaufmännischen Bereich möchte er gerne, hat sich für den heutigen Tag sieben Gespräche mit Unternehmen vorgenommen.
"Das Azubi-Speed-Dating ist eine interessante Möglichkeit, in kurzer Zeit viele Gespräche zu führen", sagt er. "Und zehn Minuten reichen auch aus, um sich gegenseitig schon mal ein bisschen kennenzulernen." Über seine Schwester, eine Realschülerin, und die Zeitung sei er auf das Angebot der IHK aufmerksam geworden. Im Internet informierte er sich dann weiter, um gut gerüstet in den Tag zu starten. "Die Bewerber sind allesamt gut vorbereitet", sagt Iris Kremp, Leiterin Ausbildungsstellenvermittlung bei der IHK.
"Sie haben alle ihre Bewerbungsmappen dabei und sich gut angesehen, welche Unternehmen sie kennenlernen wollen." Schon innerhalb der ersten Stunde hatte sie gut 150 interessierte Jugendliche gezählt. Die meisten davon interessierten sich für kaufmännische Berufe, so wie auch Stefan Blumberg. Er hat in diesem Jahr seine Fachhochschulreife erreicht und hat schon rund 50 Bewerbungen geschrieben. Eine konkrete Lehrstelle ist dabei noch nicht rumgekommen, aber noch in dieser Woche kann er zwei Tage als Groß- und Einzelhandelskaufmann in einem Velberter Unternehmen zur Probe arbeiten.
"Ich bin über die Arbeitsagentur auf das Speed-Dating aufmerksam gemacht worden und fand das eine interessante Möglichkeit." Seine Erfahrung aus der bisherigen Bewerbungsphase hat ihm aber gezeigt, dass es häufig an seiner Mathenote scheitert. Rund 90 Ausbildungsplätze sind beim ersten Azubi-Speed-Dating der IHK zu vergeben. Am stärksten nachgefragt sind dabei die kaufmännischen Berufe. Aber gerade nicht so nachgefragte Sparten suchen nach geeigneten Bewerbern. Fast eine Exotin und gleichzeitig das kleinste vertretene Unternehmen ist die Wülfrather Versteigerin Anne-Katrin Hoffmann. Sie hat sich entschieden, erstmals auszubilden und ist auf der Suche nach einem angehenden Verkäufer oder einer Verkäuferin.
"Spezialisierte Berufsbilder gibt es in unserem Bereich nicht, aber wir haben natürlich schon spezielle Anforderungen", sagt Hoffmann. "Wir haben Stoßzeiten und ruhigere Phasen, daher muss man bei uns schon flexibel sein. Früh aufstehen gehört genauso dazu wie Seriosität." Immerhin arbeite man in einem sehr sensiblen Bereich. Die Ausbildung selbst ist so vielfältig wie die Waren, die versteigert werden. Das besondere im Vergleich zu einer herkömmlichen Verkäuferausbildung ist das richtige Bewerten der Ware.
Die monatlich rund ein Dutzend Auktionen von Anne-Katrin Hoffmann beschränken sich dabei nicht auf die lokale Region, sie ist in ganz Nordrhein-Westfalen unterwegs. Hauptkunden sind Pfandhäuser, aber auch Nachlassverwalter und Privatleute lassen bei ihr versteigern. Natürlich haben sich am heutigen Tag weder Unternehmen noch Bewerber auf eine konkrete Zukunft festgelegt. Aber wie Tom Breuer, der das Forum mit einem guten Gefühl verlässt, hoffen viele auf eine Lehrstelle in einer der 20 Firmen.
Das Verfahren
Mit dem Azubi-Speed-Dating sind nicht alle lehrstellensuchenden Jugendlichen angesprochen. Darum werden die Veranstaltungen auch so spät erst angeboten, um denen, die bisher nicht fündig wurden, Last-Minute-Alternativen aufzuzeigen.
Die Gesprächszeit beschränkt sich auf zehn Minuten, kann individuell aber durchaus auch mal länger werden.
Erstmalig, aber nicht einmalig
Kreis Mettmann (stemu). Das Azubi-Speed-Dating wurde im Kreis Mettmann zum ersten Mal angeboten. In Düsseldorf hatte man bereits im Mai gute Erfahrungen damit gemacht. "Wir hatten dort über 800 junge Menschen zu Besuch, damit rechnen wir hier natürlich nicht", sagt Iris Kremp, Leiterin Ausbildungsstellenvermittlung in der IHK. "Nach der Veranstaltung bekamen wir durchweg positive Resonanz von den Unternehmen." Das bestätigt auch Olaf Kaufmann, bei der Deutschen Post Ausbildungsleiter für die Region Düsseldorf-Mönchengladbach-Wuppertal. "Wir haben dort rund 30 Gespräche geführt und anschließend acht Plätze konkret vergeben, entweder in der Ausbildung oder in der Einstiegsqualifizierung." Letztere wird zusammen mit der IHK angeboten, ist eine Art längeres Praktikum mit geringerer Vergütung als in der Ausbildung. Dafür gibt es aber bei erfolgreichem Abschluss eine Ausbildungsplatzgarantie. Für die Region sucht Kaufmann 48 "Fachkräfte für Kurier-, Express und Postdienstleistungen", landläufig als Zusteller bekannt. Die seien nicht einfach zu finden. "Was aber wahrscheinlich eher an der großen Anzahl liegt als an mangelnder Attraktivität der Ausbildung", meint er. Denn Bewerbungen gäbe es auch auf den herkömmlichen Wegen einige. Aber eben nicht genug und darum werden auch solche neuen Möglichkeiten der Bewerberakquise wahrgenommen. So viele Gespräche wie in Düsseldorf wurden in Velbert aber nicht geführt. Für eine Ausbildung bei der Post wirbt Kaufmann mit großen Übernahmechancen, guter Vergütung und Aufstiegschancen in den kaufmännischen Bereich. In einem insgesamt schwierigen Markt suchen Marc Brameier und Hans Peter Paschmanns von Toi Toi & Dixie. Für die NRW-Zentrale in Heiligenhaus suchen sie mindestens zwei Berufskraftfahrer zur Ausbildung. Und schon in der Beschreibung wird eines der Probleme deutlich: Zwar ist der Hauptschulabschluss Voraussetzung, doch gleichzeitig muss der Bewerber 18 Jahre alt sein und einen Pkw-Führerschein besitzen. Außerdem hat die gesamte Branche der Spediteure mit Fachkräftemangel zu kämpfen. "Kraftfahrer auszubilden ist eine kostspielige Angelegenheit für die Unternehmen", weiß Paschmanns. "Aber unser Unternehmen wächst stetig, auch dank der zunehmenden Zahl von Veranstaltungen. Darum wollen und müssen wir auch verstärkt ausbilden." Die qualitativen Anforderungen an Kraftfahrer seien heutzutage hoch, dafür biete die moderne Technik aber auch inzwischen deutlich mehr als einfach nur Lkw zu fahren. Das Speed-Dating ist eine neue Möglichkeit, die Brameier und Paschmann gerne ausprobieren, auf Jobbörsen sind sie schon länger präsent. Die Erfahrungen lassen IHK-Mitarbeiterin Iris Kremp keinen Zweifel. Man will weitere Börsen anbieten.
Autor: Muelders -- 02.11.2012; 20:52:09 Uhr
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