Überraschend kam die Nachricht, Heiligenhaus müsse neue Zuwanderer aufnehmen. Offenbar wurde die Landesunterkunft nicht vollständig angerechnet.
VON STEFAN MÜLDERS
HEILIGENHAUS Es musste mal wieder alles ganz schnell gehen. Mittwoch vergangener Woche kam die Nachricht, dass Heiligenhaus rund 30 neue Flüchtlinge zugewiesen werden. Am frühen Montagmorgen kamen die ersten elf an, sie wurden in einem der Übergangsheime untergebracht. Für Sozialamtsleiter Jörg Saborni ein Umstand der so eigentlich noch gar nicht hätte passieren dürfen. „Wir haben erst vor kurzem die Landesunterkunft um 100 Plätze erweitert, sodass dort jetzt 300 Flüchtlinge untergebracht werden können. Dieses Kontingent wurde von der Bezirksregierung offensichtlich noch nicht berücksichtigt.“ Durch Umbaumaßnahmen in der ehemaligen International School und der angrenzenden Sporthalle wurden die neuen Plätze geschaffen. Man sei gerade in der Klärung dazu, auch wisse man nicht, ob die elf Personen dann tatsächlich in Heiligenhaus bleiben oder möglicherweise wieder verlagert würden. Fakt ist, dass die Übergangsheime (Ludgerusstraße, Friedhofsalle und Tüschen) für 30 Neuankömmlinge keine ausreichenden Plätze geboten hätten. Das Heim an der Ludgerusstraße wird zurzeit noch umgebaut, um mehr Menschen unterbringen zu können.
Auch wenn man in der Stadtverwaltung noch nicht zu einem derart frühen Zeitpunkt mit neuen Zuweisungen gerechnet hat, liefen die Vorbereitungen für diesen „Tag X“ im Hintergrund weiter. Größtes Problem: Wohnungen für die Zuwanderer zu finden. „Vor einigen Monaten konnten wir noch zwei bis drei Mietwohnungen auf Vorrat anmieten, um sie zum notwendigen Zeitpunkt zur Verfügung zu haben“, sagt Saborni. „Bei der Kurzfristigkeit der momentanen Zuweisungen ist das nicht mehr zu gewährleisten. In den Prozess der Anmietung von Wohnungen sind zwei Fachbereiche eingebunden und man muss vom Erstgespräch mit einem Vermieter bis zur tatsächlichen Anmietung etwa zwei Wochen rechnen.“ Insofern seien in der aktuellen Situation vereinzelte Wohnungen nur wenig hilfreich. Man benötige größere Kontingente von zehn bis 20 Einheiten, die auf einen Schlag bereitgestellt werden können. Also laufen Gespräche mit großen Immobiliengesellschaften. Grundsätzlich mietet die Stadt die Wohnungen für die Flüchtlinge an und bringt sie, überwiegend allein reisende Männer, dann dort unter. Ziel ist, dass diese möglichst schnell selbstständig mieten können, sobald sie eine Bleibeperspektive haben. Aktuell befinden sich 220 Zuwanderer in kommunaler Obhut.
Eine große Bedeutung haben die freiwilligen Hilfsangebote in der Stadt. Der seit vielen Jahren bestehende Arbeitskreis Interkulturelle Kompetenz hatte in den jüngsten beiden Zusammenkünften nahezu ausschließlich die Zuwanderersituation auf der Tagesordnung. „Wir haben im Sozialamt gar nicht die personellen Ressourcen, den Bedarf der Flüchtlinge zu ermitteln und diesen auch zu bedienen“, sagt Jörg Saborni. „Vieles läuft am Infopunkt der Bergischen Diakonie am Kirchplatz zusammen, aber die Hilfsangebote erstrecken sich über viele Vereine, Gemeinden und Institutionen im gesamten Stadtgebiet. Sehr wichtig sind die Deutschkurse, die einen bedeutenden Schritt für den weiteren Weg in Deutschland markieren. Aber auch die Spendensammlungen, beispielsweise Kleider über die SKFM oder Möbel und Elektrogeräte über die Evangelisch Freikirchliche Gemeinde, sind eine große Hilfe.“ Nicht zuletzt habe der neu gegründete Verein Integrationshelfer inzwischen seine Rolle im System der Hilfsangebote gefunden.
KOSTEN
Land und Bund in der Pflicht
Die von der Bundesregierung zugesagte Unterstützung von 670 Euro pro Flüchtling und Monat reicht nach Angaben der zuständigen Stellen bei Weitem nicht aus, um die gesamten Kosten zu decken. Die Landesregierung NRW plant zudem, weitere 10.000 Euro pro Jahr und Flüchtling zur Verfügung zu stellen. „Damit kämen wir dann schon einen Schritt weiter“, sagt Jörg Saborni. Einem alleinreisenden Zuwanderer stehen während des laufenden Asylverfahrens 359 Euro pro Monat zur Verfügung, von denen auch Stromkosten bezahlt werden müssen. Darüber hinaus treten die Kommunen für Unterkunft, Nebenkosten und Krankenhilfe ein. In NRW müssen Gesundheitskosten bis zu 70.000 Euro von den Kommunen getragen werden, danach tritt das Land ein.
Autor: Muelders -- 04.11.2018; 11:08:28 Uhr
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