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130211 Im Knast gibt’s noch viel Handarbeit

 

Mit der Arbeitspflicht sollen Häftlinge auf das Leben nach der Entlassung vorbereitet werden. Insassen der JVA Düsseldorf in Ratingen stellen eigene Produkte her und sind Dienstleister für Unternehmen in der Region.

VON STEFAN MÜLDERS

RATINGEN Die Zeiten, in denen Strafgefangene zum Arbeiten in den Steinbruch geschickt wurden, sind in Deutschland lange vorbei. Auch Gepflogenheiten, stupide Tätigkeiten als eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme verrichten zu lassen, wie es zum Beispiel aus den 1960er und auch 1970er Jahren teilweise noch dokumentiert ist, sind längst passé. Und doch gibt es noch die Arbeitspflicht für Gefängnisinsassen, die über den reinen Zeitvertreib deutlich hinausgeht. „Wir haben in Deutschland den Behandlungsvollzug und da ist Arbeit ein großer und für die Resozialisierung wichtiger Bestandteil“, sagt Martin Baer, Leiter der Arbeitsverwaltung in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Düsseldorf-Ratingen. „Unser Ziel ist es, im Rahmen der Möglichkeiten viele Gefangene zu beschäftigen und sie gut auf die Zeit nach ihrer Entlassung vorzubereiten.“ In NRW besteht dafür seit rund einem Dreivierteljahr eine Kooperation mit der Agentur für Arbeit: Häftlinge werden schon in der JVA durch Berufsorientierung begleitet und aus der Haft heraus direkt an die Arbeitsagentur übergeben. Durch den Neubau und den Umzug von der Ulmer Höh an die Oberhausener Straße haben sich auch die Arbeitsmöglichkeiten für die mehr als 800 Gefangenen verbessert. Die Schlosserei wurde vergrößert, die Schreinerei mit modernen Geräten ausgestattet. Jeweils 16 Arbeitsplätze stehen hier zur Verfügung. Dazu kommen etwa 200 in der Zuarbeit für externe Unternehmen. „Wir nehmen hier leichte Aufträge an wie Verpackungs- und Sortierarbeiten oder kleinere Montagen“, erklärt Baer. „In der Regel kommen die Betriebe bei erhöhtem Produktionsbedarf auf uns zu, was bei uns für stark schwankende Auftragslagen sorgt.“ Derzeit ist durchaus noch Luft nach oben, sind nur rund 70 Personen beschäftigt. In der Arbeitstherapie, einem sehr wichtigen Zweig für die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt, stehen 24 Plätze zur Verfügung. „Viele Gefangene sind noch nie einer richtigen Arbeit nachgegangen. Hier ist fördern und fordern das Motto. Da fängt es schon damit an, morgens früh arbeitsbereit in der Zelle zu stehen. Und das nicht an einem Tag, sondern an fünfen.“ In der Arbeitstherapie geht es unter anderem darum, den Umgang mit verschiedenen Materialien kennenzulernen und verloren gegangene motorische Fähigkeiten zurückzugewinnen. „Das Verhältnis von Handarbeit und maschineller Produktion hält sich ungefähr die Waage“, sagt Baer. So ist sowohl Einzel- als auch serielle Fertigung möglich. Produkte werden im Auftrag hergestellt, entspringen oft aber auch der Kreativität von Angestellten und Insassen. So entstand zum Beispiel die Menagerie mit Düsseldorfer Fernsehturm als Griff und windschiefen Salz- und Pfefferstreuern als Symbol für die Gehry-Bauten. „Wir haben vielfältige Möglichkeiten, sind in der Logistik aber eingeschränkt. Eigene Lieferfahrzeuge besitzen wir nicht und für alle externen Fahrer bestehen natürlich die üblichen Sicherheitsvorschriften.“ Auch können die Ratinger, anders als JVA mit offenem Vollzug, nicht zur Montage ausrücken. In der Schlosserei fehlen Maschinen für anspruchsvolle Präzisionsarbeiten, aber „fernab von Hightech können wir fast alles, insbesondere Kunstschmiedearbeiten“. Baer betont, dass die Justizvollzugsanstalten nicht in Konkurrenz zum Mittelstand treten. „Wir verstehen uns eher als verlängerte Werkbank der Unternehmen.“ Die Löhne für die arbeitenden Insassen sind in fünf Vergütungsstufen unterteilt und liegen zwischen acht und zwölf Euro pro Tag. Zu vier Siebteln wird der Lohn als Übergangsgeld angespart, das den ersten Monat in Freiheit finanziell sichern soll. Auf dieses Geld haben die Gefangenen während der Haft keinen Zugriff, es kann aber auch nicht gepfändet werden. Alles darüber hinaus gehende steht den Gefangenen für den täglichen Bedarf zur Verfügung. Die einzige Abgabe, die sie von ihrem Lohn leisten, ist die Arbeitslosenversicherung.

 

INTERNET-SHOP

Privatverbraucher bestellen im Knastladen

Unter www.knastladen.de sind seit 2008 viele der in nordrheinwestfälischen JVA hergestellten Produkte auch für Privatverbraucher erhältlich. Der Verkauf ihrer eigenen „Werke“ ist eine wichtige Motivation für die Gefangenen. Unternehmen, die mit der JVA Düsseldorf-Ratingen kooperieren möchten, können sich direkt an den Leiter der Arbeitsverwaltung, Martin Baer, wenden. Telefon 0211 93882-920, martin.baer@ jva-duesseldorf.nrw.de



Autor: Muelders -- 04.01.2014; 22:57:53 Uhr

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